von Gerhard Hager
Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir: “Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen!”, und ich lächelte und war froh, und es kam schlimmer…! Am 5. Juni schrieb ich folgendes: https://archive.wienanders.at/ist-rotblau-im-burgenland-wirklich-eine-ueberraschung/
Und es kam schlimmer!
Vergangene Woche stimmte die SP im Parlament gegen die Öffnung der Ehe für alle.
Nur ein paar hundert Meter entfernt vom Pride Village, auf dem die SP Werbung für die Ehe für alle machte und sich das Mäntelchen der Toleranz und Menschlichkeit umhängte.
Es wurde publik, wie sich die Genossen Wurm und Muchitsch an den Futtertrögen des sozialen Wohnbaus schamlos bedienen.
Und die heutige Aktion der Linzer SP, die sich mit Parolen, die 1:1 aus dem Sprachschatz von Straches Mastermind Kickl stammen auf die Strasse stellte, ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit.
Derartiges ist auch mit strategischen Überlegungen nicht zu rechtfertigen!
Das ist einfach nur widerlich.
Vorauseilender Gehorsam gegenüber einem Bundeskanzler Strache!
Warum uns/mich das so besonders aufregt?
Weil ich unter Kreisky, Broda und Dallinger politisch sozialisiert wurde und mir diese Partei und ihre Werte, trotz allem was bisher passiert ist – von Klima über Gusenbauer bis zu Faymann – noch immer irgendwie am Herzen liegt.
Ja, ich habe auch einiges an den Grünen auszusetzen.
Das Brechen des Versprechens ein demokratisches Wahlrecht umzusetzen. Oder die Willfährigkeit gegenüber der SP bei den Inseratenausgaben zum Beispiel.
Oder an den Neos.
Die Kündigung einer Mitarbeiterin, die einen Betriebsrat gründen will, scheint eher sehr alt, statt neu.
Dass ein Abgeordneter der Neos gegen die Ehe für alle gestimmt hat, gefällt mir auch gar nicht.
Aber das sind eher Ärgernisse.
Ärgerlich – aber verkraftbar, und es stellt die grundsätzliche Anständigkeit und Achtung der Menschenrechte nicht in Frage.
Und was tut die ÖVP?
Die lehnt sich zurück und betreibt Leichenfledderei beim Team Stronach.
Der neue ÖVP-Abgeordnete Marcus „Po-Grapscher“ Franz macht gleich einmal gemeinsame Sache mit Pegida-Leuten und polnischen Rechten bei der „Familien“-Demo.
Rechtsausleger Lopatka stellt intern die Weichen für Schwarz-Blau.
Mikl-Leitner führt fort, was Prokop und Fekter begonnen haben.
Zeltlager errichten, Abschiebungen, Asylverweigerung.
Und Django Mitterlehner tut so, als wisse er von nichts.
Bis hierher – so weit – so schlecht.
Bei all der Entrüstung und Abscheu angesichts der aktuellen Ereignisse darf aber nicht vergessen werden:
Bei all dem nun zur Schau gestellten Opportunismus der Roten und dem Zynismus der Schwarzen hat das Grundübel aber eine ganz andere Farbkonstellation als schwarz/rot.
Das bL/Rau(ne) Pack.
Angeführt vom „Einzigen“
„Wehret den Anfängen“
Fast hege ich die Vermutung, dazu ist es schon zu spät.
Die Märsche der Identitären, Pegida – und eine Polizei, die auf dem rechten Auge blind ist, erinnern frappant an historische Ereignisse in den 30ern.
Damals waren es Juden, Zigeuner und Schwule.
Sogenannte Volksschädlinge halt.
Heute sind es Moslems, Asylanten und Gutmenschen.
Sogenannte Sozialschmarotzer halt.
Hercules-Flieger statt Viehwaggons.
Die Frage scheint nicht mehr zu sein, ob etwas brennt, sondern wann etwas brennt.
Gezündelt wird bereits an vielen Stellen.
Selbst das Parlament wird von diesem Pack als Bühne dafür benutzt.
Unterstützt und gefördert wird diese Hetze von „Schundblattln“, die noch dazu Presseförderung bekommen.
Und staatliche Inserate in Millionenhöhe.
Die Grenzen der Geschmacklosigkeit und der Hetze werden nahezu täglich ein Stück weiter nach rechts verschoben.
Der schreckliche Vorfall in Graz und die Berichterstattung in der Krone sind der vorläufige Höhepunkt in dieser Entwicklung.
Trittbrettfahrer und Mitläufer aus allen gesellschaftlichen Schichten finden nichts mehr dabei diese Gesinnung nun offen zu unterstützen.
Die werden später dann sagen: „Ich hab ja nur meine Pflicht getan!“.
Die FPÖ selbst nennt sich ja in der Zwischenzeit auch immer wieder Nationale Soziale Heimatpartei der Arbeiter.
Die dazugehörige Buchstabenfolge darf sich ein jeder selbst zusammensetzen.
Jeder, der nach all dem noch sagt, er hat nichts gewusst, oder meint, er könne nach all dem sich noch immer darauf rausreden, dass er ja eh nur „protestieren“ wollte, lügt.
Es gibt keine Entschuldigung mehr dafür mit dieser FPÖ zu sympathisieren!
Nur, was machen wir dagegen?
Die FPÖ liegt in Umfragen bei 25 % oder knapp drüber.
Also noch sind „wir“ in der Überzahl.
Mein Vorschlag wäre jetzt – jeder von uns sucht sich einen prononcierten FP-Wähler oder –Sympathisanten und nimmt ihn sich zur Brust. (Männliche Form hier beabsichtigt)
Konfrontiert ihn persönlich damit, dass die FPÖ nicht die Interessen des „kleinen“ Mannes vertritt, sondern ausschliesslich Hetze betreibt, um an die Macht zu kommen.
Und dann wird sich die Bagage die Taschen vollräumen und in Österreich Zustände hinterlassen, unter denen Kärnten jetzt und wir alle mit ihnen, leiden.
Und das wär noch das geringste Problem.
Konfrontiert die FPÖ-Wähler mit der Tatsache, dass es keine Rücksichten auf Kinder, Alte, Kranke oder sonst Benachteiligte für die FPÖ gibt. Da gilt allein das Recht des Stärkeren – der Fleissigen und der Tüchtigen – der angeblichen Leistungsträger!
Konfrontiert die FPÖ-Wähler mit der Tatsache, dass das Eintreten von Strache für „arme“ Österreicher nichts weiter als Heuchelei ist.
Anders als zb bei KP-Abgeordneten bleibt da alles, was durch offizielle Ämter verdient wird, in den Taschen des angeblichen „blauen Robin Hood“ und seiner Bande.
Konfrontiert die FPÖ-Wähler mit der Tatsache, dass Strache zwar ein Grossmaul, aber gleichzeitig eine Mimose ist.
Zeigte er sich bereits beim Akademikerball und seiner Aussage, die FPÖ wären die neuen Juden, mehr als wehleidig, legt er jetzt ein Schäuferl nach und schiebt die Schuld an seinen Aussagen nach dem entsetzlichen Vorfall in Graz auf die Medien!
Und um wieder zum Ausgangspunkt zu kommen:
Ja, die SPÖ demontiert sich gerade selbst.
Ja, die SPÖ verkauft gerade alle ihre Werte und Ideale, um an der Macht zu bleiben (meines Erachtens ohnehin vergeblich).
Aber der wirkliche Gegner einer offenen und demokratischen Gesellschaft ist und bleibt die FPÖ unter HC Strache.
Dieser gilt es entschieden und aufrecht entgegen zu treten und für eine menschliche, freie und gerechte Gesellschaft zu kämpfen.