Mit großer Mehrheit (nur die ÖVP stimmte dagegen) wurde auf der gestrigen Sitzung der Bezirksvertretung Rudolfsheim-Fünfhaus ein Antrag von Wien anders Bezirksrat Didi Zach angenommen, in welchem der Gemeinderat aufgefordert wird, “Maßnahmen auszuarbeiten, wie die Sozialmärkte in Wien (finanziell, organisatorisch, werbemäßig) sinnvoll unterstützt werden können.”
Hintergrund des Antrags war/ist, dass es gegenwärtig für die Sozialmärkte weder von der Gemeinde Wien noch von Seiten der Bezirke auch nur einen einzigen Euro aus öffentlichen Geldern gibt.*
Nachfolgend die Rede von Bezirksrat Zach, die dieser ausgehend von seinem Manuskript und seiner Erinnerung rekonstruiert hat.
Werte Kollegen, werte Kolleginnen, wertes Präsidium. Werte Gäste hier im Saal und im Live-Stream.
Vorweg, obwohl ich es auch hier wohl schon gesagt habe: ich empfinde Wien als liebenswürdige und lebenswerte Stadt. Und – ich leugne es auch nicht – dies ist auch ein Verdienst der SPÖ bzw. seit 2010 von SPÖ und Grünen.
Aber zugleich gibt es – leider – auch in Wien eine Vielzahl von Missständen. Es beginnt beim Faktum, dass auch bei der Gemeinde Wien Frauen noch immer 10 Prozent weniger Gehalt bekommen als Männer, es setzt sich fort beim unzureichenden Wohnbau durch die Gemeinde und es endet damit, dass es die Gemeinde offensichtlich nicht schafft, Großprojekte wie z.B. das KH-Nord ohne exorbitante Kostenüberschreitungen zu realisieren.
Aber zum Thema: Auch in Wien wissen 10.000e Menschen – oft trotz Erwerbstätigkeit – vielfach am Ende des Monats nicht womit einkaufen gehen, wie die Wohnung heizen. Und unser Bezirk, Rudolfsheim-Fünfhaus, gehört zu den kaufkraftschwächsten Bezirken in ganz Wien. Daher, wie Sie, werte Kollegen und Kolleginnen ja wissen, wollte ich auf der letzten BV Anträge stellen, deren Sinn und Zweck es war, die wichtige Arbeit des Sozialmarkt des ArbeiterSamariterbundes in der Pillergasse durch die Bezirksvertretung (BV) mit 2.500 Euro zu unterstützen. Nebenbemerkung für die ZuhörerInnen hier – das Bezirksbudget im Jahr 2019 wird sich insgesamt auf rund 11,4 Millionen Euro belaufen.
Wie Sie wissen hat die Kollegin Biedermann in ihrer Funktion als Vorsitzende der BV gemeint, dass meine Anträge nicht zur Debatte und zur Abstimmung zugelassen werden dürfen, da Sie gegen die Stadtverfassung verstossen würden. Ich will hier und jetzt nicht darauf eingehen, ob diese Interpretation der Kollegin Biedermann korrekt oder doch etwas gewagt war. Kollege Tesar hat ja soeben auch davon gesprochen, dass die Stadtverfassung es Bezirken verwehrt bzw. sehr schwer macht, sozialpolitische Fragen aufzugreifen und zu behandeln.
Ich möchte zudem darauf verweisen, dass Recht und Gerechtigkeit oft nur sehr wenig miteinander zu tun haben. Wenn z.B., was zu befürchten ist, die FPÖVP-Regierung die neue Mindestsicherung, so wie vorgelegt, beschließt, dann werden z.B. zehntausende Kinder und tausende Menschen mit Behinderung (auch in Wien) entgegen den Beteuerungen der Regierung weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt und in ihrer Not ohne Hilfe und Unterstützung gelassen. Oder, um ein Beispiel aus der österr. Geschichte bzgl. Recht und ist es nicht manchmal sinnvoll die Grenzen des Rechts auszuloten und auch zu überschreiten, zu nennen: Hätten sich im Dezember 1984 alle an das Recht bzw. die rechtlichen Vorgaben gehalten, so wäre die Au bei Hainburg, die mittlerweile ja ein Nationalparkgebiet ist, unwiderruflich zerstört.
Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen.
Ich hoffe, werte Kollegen und Kolleginnen, dass wir hier und heute mit einer deutlichen Mehrheit meinen vorliegenden Antrag beschließen, der den Gemeinderat auffordert, ich zitiere, “Maßnahmen auszuarbeiten, wie die Sozialmärkte in Wien (finanziell, organisatorisch, werbemäßig) sinnvoll unterstützt werden können.”
Noch 2 abschließende Bemerkungen: ich selbst habe vor einer paar Tagen 500 Euro für den Verein “Asyl in Not” gespendet, der sich darum kümmert, dass Menschen, die vor Hunger, Krieg und Tod geflüchtet sind, in Österreich nicht um ihre gesetzlich garantierten Rechte betrogen werden. Ich würde mich freuen, wenn einige von Ihnen meinem Beispiel folgen – ob Sie für die Caritas, die Volkshilfe, für Mediziner ohne Grenzen oder Greenpeace spenden überlasse ich natürlich Ihnen.
Und für all jene, die sich “so viel Arbeit” nicht antun wollen und die etwas sinnvolles hier im Bezirk unterstützen wollen, habe ich ein Zusatzangebot: Ich werde mich am Ende der Sitzung vorne beim Ausgang positionieren, um von all jenen Bezirksräten und Bezirksrätinnen Spenden entgegen zu nehmen, die den Sozialmarkt in Rudolfsheim-Fünfhaus unterstützen wollen (Kollegin Rasinger von der ÖVP hat sich freundlicher Weise bereit erklärt zu kontrollieren, dass auch alles mit rechten Dingen zugeht – gegen weitere Kontrolleure ist natürlich nix einzuwenden). Ich werde dann – hoffentlich – bei der nächsten Sitzung über ein gutes Ergebnis dieser Spendensammlung berichten können.
* https://archive.wienanders.at/rudolfsheim-fuenfhaus-soziale-fragen-gehen-uns-nix-an-da-koennen-und-duerfen-wir-nix-tun/