Von Gold, Schaufeln und der Wohlstandsverteilung

Kürzlich habe ich einen Computer verkauft. Genauer gesagt, war es ein sogenannter „Miner“, also ein speziell konfigurierter PC, der zum Schürfen von Kryptowährungen („Bitcoin“) benutzt werden kann, also einem bestimmten Zweck der einen Gewinn generiert. Im Zug des Verkaufs hatte ich Kontakt mit zahlreichen Interessenten. Dabei kam eine bemerkenswerte Aussage zu Tage: „Diesen Preis bezahle ich nicht, das Gerät ist ja abbezahlt“. Um das Ganze auf eine etwas verständlichere Ebene zu bringen, reden wir statt über Computer und Kryptowährungen über Schaufeln und Gold. Nehmen wir also an ich hätte vor einiger Zeit einen Spaten gekauft und stehe jetzt auf einem beliebigen Flohmarkt eurer Wahl und biete eben diesen zum Verkauf an. Ein Interessent kommt vorbei und sagt folgendes: „Diesen Preis bezahle ich nicht. Der Spaten ist abbezahlt, du hast ja damit nach Gold gegraben“.

Wie der Titel vermuten lässt, geht es aber nur am Rande um Gold und Schaufeln, sondern um Wohlstandsverteilung. Ich war überrascht, dass jemand am Einsatzzweck eine Beteiligung festmacht. Was mich aber noch viel mehr überrascht ist, dass viele es an ihrer Arbeitskraft eben nicht tun. Bezahle ich also jemanden 8€ die Stunde um Löcher zu graben, werde ich kein Problem haben jemanden zu finden. Ob ich die 8€ aus eigener Tasche bezahle um Bäume zu pflanzen oder aber von dem Gold, das diese Person für mich ausgräbt, spielt für die meisten keine Rolle.

Für mich tut es das. Außerdem rede ich mit Personaler gerne über Fakten. Daher habe ich seit einigen Jahren die Angewohnheit mir einen Handelsregisterauszug und den aktuellen Jahresabschluss von Firmen bei denen ich mich bewerbe zu holen. Interessenten können diese Auszüge einfach, aber leider ausschließlich kostenpflichtig, online abrufen (Kosten ca. 9€). Dazu also folgende Zahlen von einem meiner potentiellen zukünftigen Arbeitgeber :

Auszug aus der Bilanz:

  • Personalaufwand: 7.1 M€
    • Löhne: 0,7M€
    • Gehälter: 4,4M€
  • Bilanzgewinn: 11,3M€
  • Bilanzsumme: 26,5M€

Arbeitnehmer

  • Gesamt: 93
    • Arbeiter: 22
    • Angestellte: 71

Was man aus diesen Zahlen ablesen kann:

  • Durchschnittlicher Lohn: 32k€
  • Durchschnittlicher Gehalt: 62k€
  • Durchschnittlicher Gehalt/Lohn: 55k€ (Netto: 35,7k€)
  • Durchschnittliche Arbeitgeberabgaben: 21,5k€
  • Durchschnittliche Personalkosten: 83k€
  • Durchschnittlicher Gewinn pro Arbeitnehmer: 121,5k€

 

Man sieht also: Jeder Euro den die Firma für ihr Personal ausgibt, erwirtschaftet 2,5€ und damit 1,5€ Gewinn. Von jedem Euro den die Firma für ihr Personal ausgibt, behält der Staat 0,57€. Die Steuerlast ist hoch, aber mit diesem Geld werden Krankenversicherung und Pensionen bezahlt. Mit dem 3-fach so hohen Gewinn eventuell Yachten. Wohin genau das Geld fließt ist schwer nachvollziehbar, weil es sich um ein undurchsichtiges Konstrukt aus Beteiligungsgesellschaften handelt.

Hier ist also nicht nur die Schaufel längst abbezahlt ist, sondern es fließen zusätzlich 2/3 der Arbeitskraft in fremden Wohlstand. Die Mitarbeiter könnten das Doppelte verdienen (was ihre Lebenssituation vermutlich doch um einiges verändern würde) und die Firma würde immer noch Gewinn erwirtschaften.

Veränderung braucht einen Konflikt – hier ist er.

 

 

PS: Gerne unterstütze ich euch beim Abrufen von Auszügen eurer Arbeitgeber.
Kontakt: peter@wienders.at

Titelbild: CC BY Shyn Darkly
CEO vs Angestellter: @DerWandel