3.000 Genossenschaftswohnungen samt Ihren BewohnerInnen dienen als Spielgeld für spekulative Wohnungstransaktionen.
Bereits im November 2017 hat WIEN ANDERS in den Bezirksvertretungen Leopoldstadt (Grüne Bezirksvorsteherin) und Rudolfsheim-Fünfhaus (SPÖ-Bezirksvorsteher) folgenden Resolutionsantrag eingebracht: „Die Bezirksvertretung spricht sich dafür aus, dass das bereits eingeleitete Verfahren zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit der WBV-GÖD seitens der Aufsichtsbehörde MA 50 abgebrochen wird und die WBV-GÖD als Gemeinnützige Bauvereinigung erhalten bleibt.“
In beiden Bezirksvertretungen wurde der Antrag mit Blick auf die Rathauskoalition nicht zugelassen, die Geschäfte um den Lieblings-“Investor” und Heumarkt-Dealer Michael Tojner sollten nicht gestört werden.
Im Polit-und Medienrummel (“Schlammschlacht um Sozialwohnungen”) um die mit Energie betriebenen spekulative Aneignung von rund 3000 Genossenschaftswohnungen (Deal: WBV-GÖD), wird von vielen Seiten mit gezinkten Karten gespielt, z.B. die Meldung im Kurier vom 11. August 2018, dass für den Kauf der Sozialwohnungen zu viel bezahlt wurde, was laut Revisionsverband gegen die gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitesgesetzes (WGG) verstoßen würde. Offensichtlich ein Grund mehr, der WBV den Statuts der Gemeinnützigkeit abzuerkennen und damit den Weg zur Privatisierung freizumachen. Derzeit jagt ein Sondergutachten das andere, um den WBV-Privatisierungsdeal doch noch durchziehen und um eine Rückabwicklung des “Geschäfts” verhindern zu können.
In der jetzt laufenden “Endphase” einer wohl einmaligen Schmierenkomödie zwischen betrogenen Betrügern scheint – so ist zu hoffen – selbst der damalige Wohnbaustadtrat Ludwig, der lange zu dieser Causa geschwiegen hat, zur Vernunft zu kommen. Die neue Wohnbaustadträtin, Frau Kathrin GAAL, soll sich jetzt doch entschlossen zu haben, die rund 3000 Sozialwohnungen vor einer feindlichen Übernahme zu retten und eine Rückabwicklung und damit den ganzen Spuck eines Privatisierungsversuchs zu beenden. Aber noch ist der Vorhang nicht gefallen.
Erinnert sei, dass bereits 2003 die WBV-GÖD an ein privates Unternehmen verkauft wurde, offensichtlich damals noch den gesetzlichen Auflagen entsprechend. Dieses verkaufte dann aber 2015 die WBV um € 6 Millionen an den jetzigen Inhaber Christian HOSP, ein Verkauf, der laut Revisionsverband unrechtmäßig (gemäß dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz – WGG) erfolgte. Das würde aber der MA 50 die Möglichkeit geben, einen Antrag an die Wiener Landesregierung zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu stellen, genau was die Leute um Tojner, Hosp etc. erreichen wollen. Die 3000 Wohnungen werden derzeit auf einen Marktwert von € 600 Millionen geschätzt. Was für ein Deal! Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Grasser-Deal um die BUWOG.
Natürlich können diese € 600 Millionen nicht sofort locker gemacht werden, sondern werden erst nach und nach durch mögliche Mietanpassungen, vor allem aber bei Neuvermietungen, realisierbar. Was das aber für die derzeitigen, sich bisher sicher fühlenden Mieter der betroffenen Wohnungen bedeutet, lässt sich leicht an Hand der spekulativen Absiedlungsmethoden bei den BUWOG-Wohnungen nachvollziehen.
Dass die SPÖ-Mietervereinigung (MV) die betroffenen MieterInnen zu beruhigen versucht, ist zumindest eigenartig, als ob der Aberkennungsfall bereits durch wäre. Es ist auch eigenartig, dass sich die MV auffallend ruhig zu dieser offensichtlich feindlichen Übernahme von Genossenschaftswohnungen verhält.
Völlig unverständlich ist aber die zögerliche Haltung des Rathauses. Statt die einzige wirkliche Option zu Gunsten sämtlicher MieterInnen der WBV-GÖD-Wohnungen, nämlich die Rückabwicklung des ohnehin sehr durchsichtigen “Geschäfts” zu fordern, schlägt man sich mit juristischen Tricks herum und tut so, als ob erst einmal das “Geschäftsmodell” genauer untersucht werden muss. Hätten nicht die offensichtlich Betrogenen aus den GÖD-Kreisen jetzt die Reißleine gezogen, dann hätte wahrscheinlich die MA 50 für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit gestimmt und sämtliche MieterInnen der GÖD-Wohnungen der spekulativen Absiedlung geopfert.
Die SP/GRÜN-geführte Stadtregierung gibt mit ihrem zögerlichen Schlingerkurs besonders der FPÖ die Möglichkeit, sich als die große Beschützerin der MieterInnen zu präsentieren. Wie wenig darauf zu vertrauen ist, zeigt die gegenwäritge Diskussion um das wohnpolitische Regierungsprogramm. Johann Gudenus, FPÖ-Vizebürgermeister, setzt noch eines drauf: “Das Schicksal der BUWOG darf nicht wiederholt werden” – verschwiegen wird dabei, dass es gerade die damalige Schüssel/Grasser-Regierung war, deren erste Amthandlung der Verkauf der BUWOG-Wohnungen (immerhin über 60.000 Genossenschaftswohnungen, die ihren Gemeinnützigkeits-Status verloren haben) war. Die Millionen-Schmiergeldaffaire ist seit über 15 Jahren noch nicht aufgearbeitet.
Natürlich hat das Ganze, wie sich zeigt, ein schon an eine böse Posse erinnerndes Nachspiel. Bevor das erwartete große Geschäfts durchgezogen werde kann, will HOSP seine “Geschäftspartner” auf Unregelmäßigkeiten in der Geschäftssführung klagen, ruft eine Generalversammlung ein, um seine Noch-“Partner” loszuwerden und letztlich seinen Privatisierungs-Deal durchziehen zu können. Die Rollen des WBV-GÖD-Teams (Gregorich, Baumgartner, Guggenberger, Hosp, im Hintergrund agierend: Tojner) sollte allerdings in diesem Wirtschaftskrimi von Anfang durchleuchtet werden, hier gibt es eine Menge Ungereimtheiten.
Für den Fall, dass die MA 50 als Aufsichtsbehörde durchsetzt, dass der Deal tatsächlich rückabgewickelt und so – bezogen auf diese doch schon sehr öffentliche Causa – die schützende Hand über den “Investor” Tojner zurückzieht (was unwahrscheinlich erscheint, siehe Heumarkt) dann geht es auch um die Frage der inzwischen geflossenen Millionen: wer hat davon profitiert? Da wird noch einiges an Schmutzwäsche gewaschen werden.
Es muss vielleicht daran erinnert werden, dass Tojner bereits Erfahrung hat, wie man gemeinnützige Wohnbaugesellschaften privatisiert (siehe “Buntes Wohnen”, “Riedenhof”), wo er den Firmensitz einfach ins Burgenland verlegte. Auf Grund der dort sehr “günstigen” Parteienkonstellation gab es keine Probleme, diesen Gesellschaften die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch noch, dass der gewerblichen Tochter von “Buntes Wohnen” das Heumarktgelände gehörte, das Tojner dann viel zu billig kaufte. Die Sache ist relativ klar, und doch steht die Wiener Koalition hinter ihrem Liebling Tojner (“Vertrag ist Vertrag”!)
Das Verhalten der Stadtregierung lässt nur einen Schluss zu: es handelt sich wie in vielen anderen Fällen (Semmlweißareal, Steinhofgründe, vor kurzem der Verkauf der Wiener Trabrennbahn, etc.) um eine durch und durch spekulations-getriebene Politik, die keinen einzigen Nutzen für die BewohnerInnen der Stadt bringt, im Gegenteil!
Leistbares Wohnen sieht wohl anders aus.
Josef Iraschko, Mietrechtsexperte und Bezirksrat für Wien Anders in der Leopoldstadt