Im Gegensatz zu den restlichen 364 Tagen des Jahres besinnt sich die SPÖ am 1. Mai gerne ihrer kämpferischen Tradition. „125 Jahre 1. Mai – unser Tag!“ ist in Wien allerorts plakatiert.
Dies ist in zweierlei Hinsicht skandalös: Zum einen entstammt die Tradition des 1. Mai anarchistischen Zusammenhängen – und nichts ist wohl weiter entfernt von libertären Vorstellungen als die Staatsmachtpartei SPÖ. 1886 wurden vier Anarchisten im Zusammenhang mit der “Haymarket Affair” erhängt, einer beging Selbstmord. Also: “Lernen Sie Geschichte, Herr Häupl!”
Zum anderen kassiert „die Partei“ in typisch autoritärer Manier das Recht der Arbeitenden, aber auch anderer linker Organisationen auf „unseren Tag“.
Zum Fremdschämen ist schließlich auch die Verwendung der traditionellen „drei Pfeile“ auf dem heurigen SP-Maiabzeichen. Einst standen sie für den Kampf gegen Faschismus, Kapitalismus und Reaktion, 2015 sollte es wohl besser heißen: gegen Flüchtlinge, Umverteilung und Wahlrechtsreform. Zur Einstimmung auf den Tag der Arbeit empfehlen wir ein schönes Lied von Marc-Uwe Kling: Wer hat uns verraten?
Martin Birkner
Wien anders wird am 1. Mai ab 9 Uhr vor dem Burgtheater zu finden sein. Danach rufen wir zu einer Kundgebung um 11.30 Uhr vor dem Parlament auf, und schließlich werden wir ab 13 Uhr vor dem Cafe 7*Stern feiern. Mit Musik.